Kein Champagner

Es ist wie immer: Die Regierung macht einen Vorschlag wie der Staat sparen kann, wie er die Wirtschaft voranbringen kann, ohne dabei die Schmerzgrenze der arbeitenden Menschen zu arg auszutesten. Die Opposition schreit wie am Spies steckend und wird mangels Argumenten sogar ausfällig und beleidigend.

Wer um alles in der Welt, sieht im zur Disposition gestellten „Nationalfeiertag“ 3. Oktober noch mehr als einen arbeitsfreien Tag, an dem man einen Ausflug unternimmt oder eben nur faulenzt. Außer den Berufsnörglern Stoiber, Merkl, Kohl wird kaum jemand es als so schlimm empfinden, wenn wir auf einen Feiertag im Jahr verzichten müssen. Kein Tabu kann es in dieser Diskussion sein, ersatzweise über die Streichung anderer, kirchlicher Feiertage zu Diskutieren.

Wie heulende Wölfe sind die Scheinheiligen aus der Union über die Regierung hergefallen, als diese die Diskussion über die Streichung eines Feiertages eröffnete. Allen voran unser Wadlbeißer aus München. Stoiber bezeichnete es als große Dummheit, diesen ach so wichtigen Nationalfeiertag auf den jeweils ersten Sonntag im Oktober zu legen und somit einen Arbeitstag mehr zur Verfügung zu haben. Was der Wirtschaft und den Staatsfinanzen gut täte. Falsch gebrüllt Löwe, möchte man da schreien. Es war nämlich niemand anderes als Ministerpräsident Stoiber, der vor 10 Jahren die Streichung bzw. Verlegung eben auf den ersten Sonntag im Oktober forderte. Dies wollte unser Schlaustoiber bereits wenige Jahre nach der Wiedervereinigung. Welch ein Skandal, die vorgetäuschte Entrüstung dieses "Häuptling Weißer Teint".

Erbärmlich und gnadenlos oppotunistisch, Altkanzler Kohl. Nur damit niemand es vergisst: Es war kein Schröder, der 1998 einen Bundeshaushalt mit einer jährlichen Zinsbelastung von ca. 82 Milliarden DM (= ca. 41 Milliarden €) an seine Nachfolgerregierung hinterlassen hat. Es war kein Schröder, der die Einheit aus der "Portokasse" finanzieren wollte. Es war kein Schröder, der durch die falsche Form der Finanzierung der Wiedervereinigung unsere Sozialkassen und Sozialsyteme geplüdert und gegen die Wand gefahren hat! Ausgerechnet diese saubere Herrschaften richten nun über den Kanzler, der mit dieser Erblast weiter arbeiten muss und dies bisher recht erfolgreich getan hat. Wer hat denn über die Jahre hinweg von einer Steuerreform nur geschwätzt, aber keine auf die Beine gebracht? Wer hat denn jahrelang am Gesundheitssysrem erfolglos herumdedoktort und ist letztlich gescheiter? Wer war es denn, der sich an der Reform der Renten nicht herangewagt hat und nur stets erklärt, die Renten sind sicher? Wer war es denn, der die Reform der Bundeswehr nicht durch- und umsetzen konnte? Wer war es denn eigentlich, der die Arbeitsmarkt reform durchsetzte und dafür alleine die Prügel der Wähler bezog, weil sich die Mitverantwortlichen aus der Union schändlichst versteckten?

Diese saubere, erlesene Gesellschaft, hier muss ich leider auch den BDI-Chef Rogowski mit einbeziehen. Diese Wirtschaftsbosse sind selten genug in der Lage auf wirtschaftliche Herausforderungen frühzeitig und richtig zu reagieren. Sie kaschieren ihre Managementfehler nicht selten auf dem Rücken der Arbeitnehmer. Sie verlagern Arbeitsplätze ohne Not ins Ausland, sie bauern Arbeitsplätze brutal ab, wenn sich die Beschäftigen ihren Diktaten widersetzen. Kaum einer hat jedoch so viel Anstand und Ehre im Leib, dass er seine Fehler eingesteht und die Konsequenzen dafür zieht. Nein, sie lassen sich in aller Regel mit satten Millionenbeträgen abfinden und verschwinden irgendwo hin.

Wenn Herr Rogowski feststellt, dass die Rückkehr zur 40 Stunden-Woche mehr brächte als die Abschaffung von 11 Feiertagen, kann das wohl richtig sein. Nur übersieht er dabei die Tatsache, dass die Politik zwar im Zweifelsfalle Feiertage abschaffen könnte, aber die Arbeitszeitregelung bleibt hoffentlich auf Dauer bei den Tarifparteien. Die Politik kann nur über die Arbeitszeitverordnung den entsprechenden Rahmen vorgeben. In dieser Arbeitszeitverordnung ist meines Wissens immer noch die 48-Stunden-Woche als Höchstgrenze festgeschrieben. Also, Herr Rogowski, selber handeln und für richtig erkannte Arbeitszeiten mit den dafür Zuständigen verhandeln und nicht der Regierung den Ball zuwerfen!

Mir gefällt es, dass sich die Regierung besonnen hat und den 3. Oktober weiterhin als Feirtag der Deutschen Einheit beläßt. Es sollten, ja müssten sich aber diejenigen aus der Opposition schon fragen lassen: Was soll denn die Regierung tun, wenn ihr ständig Prügel von der Bundesratsmehrheit zwischen die Beine geworfen werden. Bekennt Euch endlich zu Euerer Mitverantwortung für unser Land und habt nicht nur die "Machtübernahme in 2006" vor Augen, denn die werden, so bin ich fest überzeugt, nur wieder vor lauter Tränen unter Wasser stehen und Stoiber oder auch Merkel werden wieder einmal "kein Glas Champagner öffnen".

Karl-Heinz Brandenburger
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